ElGraf

Juristische Leseempfehlungen

Posted in Uncategorized by elgraf on July 1, 2011

Wer wirklich deutsches Recht (leider nur Privat- und öffentliches Recht, fürs Strafrecht fällt mir spontan keiner ein) verstehen will, sollte die Beiträge der User batman, Torquemada und Einwendungsduschgriff (für das Aufrufen der Links muss man angemeldet sein) im Jurawelt-Forum lesen.

Wer außerdem noch ausgesprochen flüssig und darüber hinaus auch noch interessant juristisch Historisches schreibt: Martin Rath auf lto (Beispiele: Hintergründe des Borkum-Lied-Falls, der erste Band BGHSt).

Wollte ich nur mal sagen.

Das Faxgerät – Fluch und Segen einer Kommunikationstechnologie im Lichte des Querulantentums

Posted in Blawgosphere by elgraf on October 19, 2010

Die an diesem Urteil Beteiligten (besonders vorzuheben sind der StA, der die Anklagen verlesen durfte und der Richter, der das Urteil schreiben musste) sind weiß Gott nicht zu beneiden. Es geht um insgesamt 17 Anklageschriften inklusive Einbeziehung noch nicht vollstreckter Strafen und jede einzelne Verwirklichung von §§ 185 ff. StGB liest sich unsinniger als die letzte.

Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang aber der Anteil, den die Faxgerätproduktionsindustrie am Leid der Beteiligten trägt, welcher den Urteilsgründen im Zusammenhang mit der Bejahung von § 21 StGB und Verneinung von § 20 StGB zu entnehmen ist (S. 37):

Bei dem Angeklagten liegt eine sogenannte paranoide Persönlichkeitsstörung (sogenannter Querulantenwahn) nach der Klassifizierung des ICD-10 F 22.8 und F 60.00- unter Ausschluss einer endogenen oder hirnorganischen Ursache – vor, ohne dass sein Vermögen. Hemmungen gegenüber dem Anreiz, zu beleidigen, vollständig im Sinne des § 20 StGB aufgehoben wäre. Lediglich dann, wenn er beispielsweise affektiv in erregtem Spannungszustand ein Faxgerät zur Hand hat, ist er nicht mehr ausreichend in der Lage, Hemmungen aufzubauen, um die tatanreizende Situation durch anderweitigen Abbau von Spannungen zu bewältigen. [Hervorhebung von mir]

Herzlichen Dank an die angemessen betitelten “Blöden Geschichten“, deren Hartnäckigkeit es zu verdanken ist (das ist aber eine andere, nicht weniger glorreiche Geschichte), dass diese Perle des Strafrechts den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat.

Warum um alles in der Welt Jura?

Posted in Blawgosphere by elgraf on October 14, 2010

Eine bemerkenswerte Fotostrecke im QualitätsFachblatt mopo, wo hoffnungsfrohe hamburgische Juristenerstsemester ausrufen dürfen:

[…]für die Journalistenschulen hat es nicht gereicht, jetzt  bin ich hier!

Na, denn man tau! Kein Wunder, dass bei solchen erfolgreichen Bewerbern dann der Abiturnoten-Schnitt trotz ca.  siebenMal so vielen Bewerbern wie Studienplätzen nur bei 2,3 liegt. (For the record: Ich weiß, dass Aufnahmetests an Journalistenschulen “schwierig” sein können, allerdings sagt das dann trotzdem einiges über die Jura-Anfänger aus.)

Auch schön:

[…] wer sich […] für den Anwalts- oder Richterberuf  entscheidet, genießt hohes Prestige in unserer Gesellschaft!

Und als Bonbon:

Fertige Juristen haben immer gute Jobchancen!

…jurabilis! möge bitte übernehmen!

UPDATE:  Oh je, Herrn Hartmann fehlt (sic!) dazu gar nichts mehr ein. Wenns so weit gekommen ist…

UPDATE2: Der …jurabilis!-Hamburg-Korrespondent springt in die Bresche.

Fernabsatzklobürsten

Posted in Uncategorized by elgraf on August 20, 2010

Bei SpOn wird den von Seiten des Versandhandels – zu Recht – erhobenen Klagen gegen die Segnungen des europäischen Verbraucherschutzrechtes eine journalistische Stimme verliehen. In dem insgesamt ganz vernünftigen Artikel sicherlich noch Erwähnung finden können hätte die jüngste – unausweichliche – BGH-Entscheidung zum Schicksal der Hinsendekosten beim fernabsatzrechtlichen Widerruf, die die Situation noch einmal verschärft haben dürfte.

Richtig heiter wird es allerdings dann, wenn das praxiserfahrene Kommentatorenvolk sich (teilweise sogar erfolgreich!) an der Subsumtion der Rücksendung einer mit “Kacke” verschmierten Klobürste unter die §§ 312b, 312d, 357 BGB versucht, inklusive Diskussion der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme. Perfekter Stoff für die nächste Schuldrechtsklausur.

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De facto identisch

Posted in Uncategorized by elgraf on August 11, 2010

Wahrscheinlich hat dieser Ausschnitt aus einer Urteilsbegründung des LG Trier (Urteil vom 29.10.1992 – Az. 3 S 191/92, NJW 1993, 1474) schon vor mehr als einem Jahrzehnt Heavy Metal-begeisterte Juristen wahlweise mit ungläubigem Staunen oder kopfschüttelndem Lachen zurückgelassen:

Unter Heavy-Metal-Rock versteht man – was zwischen den Parteien unstreitig ist – eine Spielweise der Rockmusik, die musikalisch de facto mit dem Hard-Rock identisch ist, sich diesem gegenüber jedoch durch noch größere Lautstärke auszeichnet.

Trotzdem immer noch schön.

Datenschutzrechtsprofi -2.0

Posted in Uncategorized by elgraf on July 30, 2010

Armselig.

Aigner: Wer Gesetze bricht, gegen den ermittelt die Staatsanwaltschaft, wie im Fall von Google. Die Firma hat durch die illegale Erfassung privater Funknetze millionenfach gegen unser Datenschutzrecht verstoßen, deswegen läuft auch ein Bußgeldverfahren.

Es ist nun keine neue Erkenntnis, dass Frau Aigner die Sachen mit dem Datenschutz lieber denen überlassen sollte, die sich ansatzweise damit auskennen (mal ganz abgesehen von denen, die dafür zuständig sind), aber eine derart schonungslose Selbstentlarvung ist mir zuvor noch nicht untergekommen.

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Blawgosphäre und Loveparade

Posted in Blawgosphere by elgraf on July 29, 2010

Es wird ja in letzter Zeit viel über Sinn, Unsinn, Nutzen und Potenzial der deutschen Blawgosphäre geschrieben (und ich bin momentan zu faul, Links zu den jeweiligen Beiträgen zu setzen).

Symptomatisch zumindest für den Zustand derselben ist, dass Haftungsfragen rund um die Loveparade-“Katastrophe” (die Anführungszeichen sind bewusst gesetzt, um zur Perspektivwahrung anzuregen) zuallererst von einem “richtigen” Medium ernsthaft aufgegriffen werden müssen, während Urgestein und Aushängeschild der Sphäre viel lieber erklärt, warum es seinen Fitnessstudiovertrag nicht kündigt und wie toll doch die Soforthilfe von McFit-Betreiber Herrn Schaller funktioniert. Nicht nur mir kommt das seltsam vor. Zwar wird von LTO auch nur in Form eines Interviews wenig sauber zwischen zivil-, ordnungs- und strafrechtlicher Haftung trennend um das Thema rumlaviert, das ist aber jedenfalls deutlich mehr als das, was aus der Blogecke kommt.

Jetzt wird man mir (zumindest innerlich) wieder vorwerfen, nur zu motzen und selbst nichts auf die Beine zu stellen. Dazu kann ich dann aber nur sagen: Besser das als jenes.

Und ans Ende noch einen Disclaimer/Aufruf: Sollte ich ernsthafte fachliche Auseinandersetzungen mit der “Tragödie” übersehen haben, weise man mich bitte darauf hin und ich revidiere meine Meinung.

UPDATE: Kleine Ehrenrettung der Blawgosphäre durch einen (wenn auch einen Tag später als das LTO-Interview erschienenen) hervorragenden Artikel im BeckBlog, das freilich ohnehin in vieler Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung darstellt.

Football- meets Law-Firm- & Law-School-Bullshit

Posted in Blawgosphere by elgraf on July 4, 2010

Ich bin ja nicht nur Koblenzer Strafverteidigerinnen nicht als besonders fußballbegeistert bekannt (finde jetzt aber gerade den Beitrag nicht, in dem das zur Sprache kam), allerdings komme ich nicht umhin, die Hamburger juristische Eliteschmiede zur Umfirmierung ihrer von DER Elite-Großbude schlechthin gesponsorten Bibliothek zu gratulieren:

Bucblog-Foto

Quelle: http://bucblog.wordpress.com/2010/07/03/schland-2/

UPDATE: Laaaaaangweilig! Der Bibliothecarius hat offenbar wenig Humor und traut den Elite-Kanzleien noch weniger zu. Vielleicht sollte er (und die Kanzleistrategen, falls sie sich wirklich drüber aufregen würden) bei jemandem in die Lehre gehen, der geringfügige Marketingerfahrung mitbringt. Ich meine, wenn sogar ich das gut finde…

Sachfremde Regulierung. Heute: Der Finanzmarkt

Posted in Uncategorized by elgraf on June 20, 2010

Spiegel Online “teast” (oder wie auch immer das korrekte deutsche Wort hierfür lautet) wie folgt:

SPD-Chef Sigmar Gabriel fürchtet um 25.000 Arbeitsplätze – und knöpft sich im Streit um Karstadt die Investmentbanker vor: Sollte Goldman Sachs die überzogenen Mieten für die Warenhäuser nicht mindern, müsse über einen Entzug der Lizenz für die Bank diskutiert werden.

Mal abgesehen von der Frage, in wessen Zuständigkeit der “Lizenzentzug” (außer natürlich derjenigen des SPD-Chefs) für Goldman Sachs (sonst noch) fiele: Hört sich das nur für mich (und nur nach der Lektüre jenes “Teasers”) nach einem Lehrbuchfall sachfremder Erwägungen an? Ein finanzmarktegulierungskundiger Mensch möge mich aufklären!

Netzneutralität: es ist gut, jetzt!

Posted in Uncategorized by elgraf on June 16, 2010

Das üble Sprichwort von dem “alten Wein in neuen Schläuchen” könnte nicht besser auf die Diskussion rund um das tolle Thema Netzneutralität passen. Denn diese aus den USA herübergeschwappte (in vielen Teilen Schein-)Debatte ist so dermaßen überladen von Pseudo-Expertentum, politischer Traumtänzerei und rechtlicher Ahnungslosigkeit, dass es schon beinahe schmerzt.

Da wurde etwa auf der ohnehin überschätzten re:publica-Konferenz im April 2010 angeblich “erstmalig im deutschsprachigen Raum das Thema Netzneutralität aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet“. Danke, dafür sollte Euch der deutschsprachige Raum ein Denkmal setzen, wenn das mit dem “erstmalig” denn stimmen würde!

Herrn RA Stadler ist es sogar zwei Hinweise wert, dass die Internet-Enquête-Kommission nun Gott sei Dank auch über Netzneutralität diskutiert (hat). Botschaft: Man kann die Wichtigkeit des Themas gar nicht überschätzen, nein: Teilweise wurde (fairerweise muss man sagen, dass das irgendwann letztes Jahr war) dann sogar behauptet, das Thema werde noch “viel zu sehr unterschätzt“. God gracious!

Und was die Netzneutralität (nicht nur) nach Herrn Beckedahls Definition nicht alles für Segnungen für Mensch, Nutzer und Anbieter bereit hält: Nutzer sollen etwa einen Internetzugang bekommen, der genau so schnell ist wie in der Werbung versprochen. Gab es nicht so etwas wie ein UWG in diesem Rechtssystem? Ja? Und haben nicht sogar schon Gerichte genau über diese Fragen entschieden? Echt? Na dann: Die Kammern für Handelssachen schützen nicht (mehr nur) das Recht, sondern nunmehr auch noch gleich die Netzneutralität.  (Bevor jemand fragt: Nein, die genannten Entscheidungen wurden erst gar nicht veröffentlicht, weil das Ergebnis gar zu profan war.) Und dann noch das jüngste Highlight, wo ein adeliger Sicherheitsexperte folgendes von sich gibt, um zu rechtfertigen, warum er eine “Pro-Netzneutralität”-Initiative nicht unterzeichent, obwohl er eingeladen wurde, Erstunterzeichner zu sein:

Netzneutralität ist die Grundlage für Demokratie, Pluralismus und Meinungsbildung im Internet.

Gehts eigentlich noch pathetischer und alberner?

Fantastisch, das alles, jedenfalls.

Aus meiner Perspektive endlich einmal klar gestellt wurde nun von Herrn Prof. Hubertus Gersdorf, dass eigentlich fast alle Punkte, die unter Zuhilfenahme des wundersamen Zauberwortes diskutiert werden, im Prinzip rechtlich bereits adressiert sind: Man habe zwar noch viel Arbeit vor sich (irgendwie muss man ja als Internet-Enquête-Mitglied seine Existenz rechtfertigen), aber das Rad müsse beileibe nicht neu erfunden werden.

Ich kann dem nur zustimmen.

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